Geschichte
Wie die WVG Sigriswil und Merligen zur Wasserversorgung
Gemeinde Sigriswil wurde. Ein Einblick in die Geschichte – Gestern, Heute und Morgen.
Wasserversorgung Heute
In der Gemeinde Sigriswil nehmen mehrere Wasserversorgungsgenossenschaften den Versorgungsauftrag wahr. Mit Abstand die grösste Versorgung ist die öffentliche Wasserversorgung Gemeinde Sigriswil (WV Gemeinde Sigriswil). Sie versorgt die Dörfer Meiersmaad, Schwanden, Tschingel, Ringoldswil, Aeschlen, Gunten, Merligen, Sigriswil, Endorf und Wiler. Nebst der öffentlichen Wasserversorgung gibt es mehrere kleinere Versorgungen (Genossenschaft Schwanden, die einen Teil des Dorfkerns Schwanden versorgt, die Genossenschaften Bärenegg/Katzenegg in Merligen und die Alpwasserversorgungsgenossenschaft Justistal). Daneben versorgen sich in der Gemeinde, Liegenschaften über hauseigene Wasserversorgungen selbst. Zu diesen gehört das Dorf Reust, welches über keine öffentliche Wasserversorgung verfügt. Hier verfügen alle Häuser über eine eigene, private Wasserversorgung. Einen Spezialfall finden wir im westlichsten Teil des Gemeindegebietes, nämlich im Oertli. Dort werden 33 Liegenschaften, die sich auf Oberhofner Boden befinden, durch die WV Gemeinde Sigriswil versorgt.
Sowohl die hauseigenen Wasserversorgungen, wie auch die kleineren Versorgungen Bärenegg, Katzenegg und Schwanden dienen einzig der Versorgung mit Trinkwasser. Einzig die Wasserversorgung Gemeinde Sigriswil garantiert nebst der Versorgung von genügend Trinkwasser auch die Sicherstellung des Löschschutzes mittels eines systematischen Hydrantennetzes. Die Sicherstellung des Löschschutzes geht in der öffentlichen Wahrnehmung oft vergessen, wobei ca. 40% aller Aufwendungen zu Lasten des Löschschutzes gehen. Nebst den Hydranten müssen die Leitungen entsprechend grösser dimensioniert werden, die Reservoire müssen eine Löschreserve beinhalten und sind deswegen auch grösser, usw.
Die Versorgung der Bevölkerung mit Wasser und die Sicherstellung von Löschwasser ist in der Schweiz eine Gemeindeaufgabe. In der Gemeinde Sigriswil hat die Einwohnergemeinde Sigriswil diese Aufgabe an die Wasserversorgung Gemeinde Sigriswil übertragen. Von den ca. 4800 Einwohnern der Gemeinde Sigriswil werden ca. 4300 durch die WV Gemeinde Sigriswil versorgt. Die WV Gemeinde Sigriswil ist als Genossenschaft organisiert. Die Genossenschaft wird von einem, aus der Mitte der Genossenschafter gewählten Vorstand geleitet; oberstes Organ ist die Generalversammlung der Genossenschafter. Die Führung der Genossenschaft erfolgt, gestützt auf die von der Generalversammlung genehmigten Statuten, das Reglement und den Tarif. Genossenschafter kann jeder Liegenschaftsbesitzer mit Anschluss an der Wasserversorgung Gemeinde Sigriswil werden; es besteht jedoch keine Pflicht zur Mitgliedschaft. Die Genossenschafter besitzen keine Anteilscheine. Es handelt sich um eine Genossenschaft ohne Genossenschaftskapital.
Bis ins Jahr 1998 zahlte die Einwohnergemeinde Sigriswil jährlich diverse Beiträge an die damals noch zwei öffentlichen Wasserversorgungen Sigriswil und Merligen. Die Gemeinde war damals für den Löschschutz und die damit verbundenen Aufwendungen wie Hydraten, Leitungen, Speichervolumen usw. verantwortlich. Nach der Einführung des neuen Wasserversorgungsgesetzes des Kantons Bern (1998) war eine künftige finanzielle Beteiligung der Gemeinde an die beiden Genossenschaften ausgeschlossen. Das Gesetz verlangt die Eigenwirtschaftlichkeit der Wasserversorgungen. Die Einnahmen setzen sich hauptsächlich aus den jährlich, wiederkehrenden Wassergebühren und den einmaligen Anschlussgebühren zusammen.
Die gesamte Wasserversorgungsanlage hat einen Wiederbeschaffungswert von über Fr. 55. Mio. Im Verhältnis zu den versorgten rund 4400 Personen gehören die Werterhaltungskosten pro Einwohner zu den höchsten im Kanton Bern. Dies ist besonders der Weitläufigkeit der Gemeinde und der Topologie geschuldet. Das Versorgungsgebiet erstreckt sich von 560 m.ü.M. am Ufer des Thunersees hoch bis nach Schwanden auf einer Höhe von 1150 m.ü.M. Erschwerend hinzu kommt die Guntenschlucht, weiter oben Bühlgraben genannt. Dies zwingt uns, sowohl westlich wie auch östlich davon, eine Wasserversorgungsanlage zu unterhalten. Diese muss auch bei einem Unterbruch der wichtigen Ost-West-Verbindung, sei es in Schwanden oder Gunten, reibungslos funktionieren.
Um die gesamte Wasserversorgungsanlage überwachen und bewirtschaften zu können, unterstützt uns ein digitales Netzleitsystem. Angefangen im Jahr 2009 und Schritt für Schritt weiter ausgebaut, ermöglicht uns die Netzleitstelle seit dem Jahr 2017 die Fernsteuerung und Fernüberwachung des kompletten Versorgungsgebiet.
Dorfbrand von Merligen
Ein Blick zurück
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt warum es damals überhaupt zur Gründung von zwei öffentlichen Wasserversorgungen (Wasserversorgung Sigriswil und Merligen) kam und was seit der Gründung geschah.
Neben dem Wissen, dass einwandfreies, bakterienloses Trinkwasser für die Gesundheit des Menschen von grosser Bedeutung ist und das Vorhandensein einer tadellosen, leistungsfähigen Trinkwasseranlage die Voraussetzung für eine rege Bautätigkeit in der Gemeinde darstellt, war besonders der verheerende Dorfbrand von Merligen im Jahr 1889 der eigentliche Auslöser für die Gründung der beiden Wasserversorgungen Sigriswil und Merligen. Bis zu dieser Zeit bestanden, viele kleine private Wasserversorgungen. Sie dienten primär der Versorgung mit Trinkwasser, nicht aber des Löschschutzes in Form eines weitläufigen Hydrantennetzes.
Die WVG Merligen wurde schliesslich am 2. August 1909 gegründet (Genehmigung der Statuten durch die Gemeindeversammlung Sigriswil). Die eigentliche Gründungsversammlung an welcher auch der erste Vorstand gewählt wurde, fand am 13. März 1910 statt.
In Sigriswil dauerte das Ganze noch ein wenig länger. Gemäss der Chronik der WVG Sigriswil herrschte Einigkeit darüber, dass aufgrund der eingangs erwähnten Gründen eine öffentliche Wasserversorgung zwingend realisiert werden sollte. Als jedoch dieses grosse Projekt in die Wege geleitet werden sollte, gab es sofort die ersten Schwierigkeiten. Auch 10 Jahre nach der Gründung der WVG Merligen, als anfangs der 20er Jahre wiederum ein Initiativkomitee zusammentrat, um zunächst eine Wasserversorgung der Ortschaften Sigriswil, Endorf und Gunten ins Auge zu fassen, sah sich dieses von allem Anfang an ganz gewaltigen Hindernissen gegenübergestellt. Da waren einmal die verschiedenen kleinen Privatunternehmungen, welche im Verlaufe der Jahre Gruppenversorgungen ins Leben gerufen hatten, aber auch zahlreiche Einzelgänger, die für ihren Privatgebrauch bereits gesorgt hatten, wie z.B. die Hotels. Eine kommende Genossenschaft aber war gezwungen, wollte sie überlebensfähig bleiben, ein Monopol anzustreben. Das hatte zur Folge, dass sie alle diese Zwergunternehmungen zurückkaufen musste. Dieser äusserst kostspielige und mühevolle Prozess der Kauf — und Dienstbarkeitsverträge dehnte sich über viele Jahre hinaus.
Am 9. Juni 1923 war es soweit: Die erste Hauptversammlung der Genossenschaft fand im Hotel Kreuz in Gunten statt. Der Name der Wasserversorgung lautete damals noch Wasserversorgungs-
genossenschaft Sigriswil – Gunten.
Noch im selben Jahr der Gründung der WVG Merligen starteten im Sommer 1910 die Arbeiten zur Erstellung des ersten Reservoirs auf der Opeten-Egg. Das Wasser stammte aus der Wyssentalquelle. In den darauffolgenden Jahren wurde das Leitungsnetz stetig ausgebaut. Im Jahr 1933 konnte die Wasserversorgung vom Hotel Beatus die Bützenquelle kaufen. Ein Jahr später begannen die Arbeiten zum Bau des sich noch heute im Betrieb befindenden Reservoirs Bützen. Danach befand sich das Hauptaugenmerk wiederum auf dem Leitungsausbau und der Übernahme von privaten Wasserversorgern. Ende der 60er Jahren stand die Frage im Raum, ob in Merligen ein Grund- oder Seewasserwerkpumpwerk erstellt werden sollte. Die Idee versandete aber wieder, dies vor allem, weil anfangs der 70er Jahre die Wasserfassung im Gebiet Grön ins Zentrum rückte. Es wurden ergiebige Quellschüttungen gemessen. Nach hohen Investitionen für die Erstellung der Fassungsanlagen und dem Erhalt der Wasserkonzession durch den Kanton Bern im Jahr 1981 schien der chronische Wassermangel im Dorf Merligen behoben. Leider hielt das Glück nicht lange. Bereits ein paar Jahre später konnte das Quellwasser nicht mehr genutzt werden, der Anteil von Grönbachwasser war zu hoch, die Qualität zu schlecht. In dieser Zeit musste die WVG Merligen immer wieder bei der Gemeinde vorstellig werden um den Vorbehalt anbringen zu können, dass wegen dem mangelnden Wasserdargebot keine grösseren Bauvorhaben mehr bewilligt werden konnten. Aufgrund der negativen Ergebnisse der Grönquellen ging die Suche nach einer geeigneten Quelle weiter. Gefunden wurde sie schliesslich in den Stutzquellen. In den Jahren 1989 bis 1997 kam es zum Bau des Reservoirs Wyssental, der Fassungsanlagen im Stutz (unterhalb der Alp Grön) und der dazugehörenden Quellableitung in das eben genannte Reservoir Wyssental. Endlich konnte der Wassermangel im Dorf Merligen gelöst werden. Einziger, dafür aber ein ziemlich grosser Wermutstropfen in dieser Zeit, waren die Finanzen. Die Abrechnungssumme dieser grossen Bauvorhaben lag bei weit über 3. Mio. Franken. Um die Schulden tilgen zu können, mussten sämtliche an der WVG Merligen angeschlossen Liegenschaften eine einmalige Bereitstellungsgebühr zahlen.
Nun kommen wir wieder zurück zur WVG Sigriswil. Nachdem, wie wir gehört haben, 1923 die Gründung gefeiert wurde, starteten auch dort noch im selben Jahr die Arbeiten für die Erstellung der Stammanlage. Anders als in Merligen mussten für die Versorgung der Dörfer Sigriswil, Endorf und Gunten geografisch grössere Distanzen überwunden werden. Nur die Rüeggersquellen wurden in Sachen Qualität und Quantität vom Geologen als einwandfrei eingestuft. Bereits ein Jahr nach der Gründung nämlich im November 1924, konnte die Inbetriebnahme der Fassung inkl. Quellableitung und des neu erstellen Reservoirs Rötzbach gefeiert werden. Das Fest dauerte ganze zwei Tage! Gemäss Schilderungen heisst es wortwörtlich, dass das Fest am zweiten Tag, am Vormittag bei etwas gelichteten Reihen stattfand, da aus begreiflichen Gründen nicht alle den Hahn haben krähen hören. Immerhin stieg die Zahl der Teilnehmer bis zum Mittagessen im Hirschen noch auf 25, während es am Vortage 32 gewesen waren.
Anfangs der 1930er Jahre erweiterte sich das Versorgungsgebiet auf die beiden Dörfer Wiler und Aeschlen. Für die Versorgung der beiden Ortschaften wurden die Quellen Aeschlenallmend und Oberhausen erworben. Die dazu nötigen umfangreichen Bauarbeiten, sei es für die Quellfassung, den Bau von Reservoirs oder besonders auch den Leitungsbau wurden zu Stundenansätzen verrichtet, die heute bedeutend höher liegen. Für einen Handlager mussten Fr. 0.90/h, für einen gelernten Maurer Fr. 1.35/h bezahlt werden.
Anders als in Wiler und Aeschlen, war im Jahr 1938 die Bereitschaft zum Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung der «Schwandner» noch zu gering, so dass das Projekt zum Ausbau der Wasserversorgung im Gebiet Schwanden wieder in der Schublade verschwand. Einzig das Schulhaus Schwanden wurde künftig durch die WVG Sigriswil-Gunten versorgt.
In den Jahren 1943 und 45 musste erstmals ein Zirkular verteilt werden, indem zur äusserten Wassersparsamkeit aufgerufen wurde. Es herrschte akuter Wassermangel. Aufgrund dessen wurde erstmals über ein Pumpwerk in Gunten nachgedacht. Das Vorhaben stiess nicht nur auf Gegenliebe. Das Grundwasser sei unfiltriertes, schmutziges Seewasser posaunte die Opposition. «Chemifäger»! – riefen die Befürworter an die Adresse der Schwarzmaler, bis schliesslich die Generalversammlung 1946 das Projekt genehmigte. Nach der wortreichen Verhandlung konnte man zum Z’vieri übergehen. Dieses bestand, weil man es auf einen fleischlosen Tag getroffen hatte, nur aus Spaghetti und Brotbrösmeli. Es wurde allerdings gemunkelt, es seien Fleischbrösmeli gewesen…
Durch die Inbetriebnahme des Pumpwerkes konnte das Dorf Gunten bestens versorgt werden. Kurze Zeit später errichtete man beim Reservoir Wyssen Truel ein weiteres Pumpwerk, welches es ermöglichte das Wasser nun bis in das Reservoir Rötzbach zu pumpen und dadurch demzeitweisen Wassermangel im Gebiet Sigriswil / Endorf ein Ende bereitete.
In den 1960er Jahren wurde das Gebiet Erizbühl, Schönoertli erschlossen. Durch die Erstellung des Reservoirs Summerhurd auf dem Margel dachte man, das Wasserproblem im Gebiet Ringoldswilstrasse und Aeschlen gelöst zu haben. Da in diesen Jahren jedoch auch die Quellschüttungen auf der Aeschlenallmend zurückgingen, konnten deshalb in den Jahren 1964–68 Anschlussgesuche für Ferienhäuser im eben genannten Gebiet nicht mehr bewilligt werden. Entspannung brachte erst das Teuffengrabenprojekt. Dies beinhaltete die Fassung des Teuffengrabenwassers im Meiersmaad. Mittels zwei Pumpwerken gelangt seitdem das Wasser ins Reservoir Stampf oberhalb Schwanden. Von dort aus kann das Wasser entweder nach Sigriswil oder aber via Schwanden dem Reservoir Summerhurd auf dem Margel zugeführt werden.
Mit der Leitung vom Reservoir Stampf zum Reservoir Summerhurd auf dem Margel konnte auch gleich das Dorf Schwanden in Sachen Lösch- und Trinkwasser versorgt werden. Gleiches gilt für das Dorf Meiersmaad, welches in diesen Jahren ebenfalls durch die WVG Sigriswil erschlossen wurde. Ende 1970er konnte dieses grosse Teuffengrabenprojekt abgeschlossen werden.
In den achtziger Jahren wurde die Versorgung des Dorfes Ringoldswil aktuell. Die sehr bescheidene Trinkwasserversorgung des Dorfes Ringoldswil wurde von einer Brunnengenossenschaft getragen. Fehlende Löscheinrichtungen und ein grosser Erneuerungsbedarf der bestehenden Anlagen führten dazu, dass die WVG Sigriswil angefragt wurde die Versorgung durch Lösch- und Brauchwasser künftig sicherzustellen. Wie wichtig ein Hydrantennetz ist, wurde allen klar, als nur einen Tag nach Inbetriebnahme der Hydrantenleitung im Dorfkern am 10. Dezember 1989 ein Haus völlig abbrannte. Ohne Hydranten wären wahrscheinlich auch die benachbarten Häuser abgebrannt!
Nach der Inbetriebnahme der Stutzwasserfassung in Merligen in 1990er Jahren und der bereits vorher erfolgten Inbetriebnahme der Teuffengrabenfassungen im Meiersmaad bzw. der Sanierung des Pumpwerks in Gunten im Jahr 1990, waren für eine Zeitlang die Versorgungsprobleme gelöst. Deshalb befassten sich die beiden Versorgungen in den kommenden Jahren mit diversen kleineren und grösseren Sanierungsarbeiten um die Infrastruktur im Schuss zu halten. Im Jahrhundertsommer 2003 bekam besonders die WVG Sigriswil zu spüren, was es für Auswirkungen haben kann, bleibt der ersehnte Regen über Monate praktisch aus. Sämtliche Quellen zeigten Minimalschüttungen. Im Teuffengraben, welches wie wir gehört haben, besonders für das obere und westliche Versorgungsgebiet die Rückversicherung darstellt, wurden noch mickrige 62 l/min, anstatt den im Mittel gemessenen Schüttungen von ca. 500–900 l/min gemessen. Die Dörfer Sigriswil, Endorf und Gunten mussten über Wochen praktisch ausschliesslich durch das Pumpwerk Gunten versorgt werden. In der selben Zeit kam vom Amt für Wasser und Abfall des Kantons Bern (kurz AWA genannt) erstmals die Weisung eine Generelle Wasserversorgungsplanung der Gemeinde Sigriswil für einen Zeithorizont von ca. 30 Jahren zu erstellen. Ein wichtiger Bestandteil dieser Planung bildet die Versorgungssicherheit. Das AWA schreibt vor, dass jede Wasserversorgung auf eine zweite Wasserbezugsquelle zurückgreifen kann um in Notlagen die Versorgung jederzeit aufrecht zu erhalten. Die WVG Sigriswil erfüllte zu dieser Zeit bereits die Vorgabe, wird doch das Grundwasserpumpwerk als zweite Wasserbezugsquelle, nebst den Quellfassungen im oberen Versorgungsgebiet angesehen. Anders die WVG Merligen, die nur auf die beiden, bereits erwähnten, Wasserbezugsquellen Bützen und Stutz zurückgreifen konnte. Für Sigriswil kam jedoch erschwerend die Androhung vom AWA hinzu, die Wasserkonzession für das Pumpwerk Gunten, die bis ins Jahr 2029 rechtskräftig ist, infolge fehlender Schutzzone, nicht verlängern zu wollen. Alle diese geschilderten Probleme und Vorschriften führten dazu, dass die beiden Wasserversorgen ab dem Jahr 2010 erstmals ernsthaft über eine gemeinsame Wasserfilteranlage für die Quelle Stutz nachdachten. Die Quelle Stutz verfügt zu jederzeit über eine grosse Schüttung (mindestens 1700 l/min), neigt bei Niederschlägen aber dazu eine erhöhte Trübung aufzuweisen. Die Idee des gemeinsamen Projektes bestand nun darin, das Wasser so aufzubereiten, dass es zu jederzeit beste Qualität aufweist und zu jederzeit sowohl von Merligen wie auch von Sigriswil genutzt werden konnte. Durch dieses Bauvorhaben konnten sich die beiden Wasserversorgungen gegenseitig den vom AWA geforderten zweiten Wasserbezugsort liefern. Als im Jahr 2011 auch der über mehrere Monate dauernde Pilotversuch erfreuliche Resultate zeigte, wurde das Projekt noch konkreter. Im Jahr 2015 war es dann soweit, ein fertig ausgearbeitetes Bauprojekt konnte an den beiden Generalversammlungen, den Genossenschaftern vorgestellt und zur Genehmigung empfohlen werden. Die Genossenschafter genehmigten das Bauprojekt inkl. eines Kredits in der Höhe von knapp Fr. 2.9 Mio. Im August 2016 starteten die Bauarbeiten, die 11 Monate später, nämlich im Juli 2017 abgeschlossen werden konnten. Erstmals wurde filtriertes Wasser dem Versorgungsnetz zugeführt. Seitdem läuft die Anlage ohne grössere Störungen. Besonders im Jahr 2018 waren wir ausgesprochen froh um die Anlage, da die Quellen ähnlich dem Jahrhundertsommer 2003 wiederum zurückgingen. Die Teuffengrabenquellen traf es noch schlimmer. Erstmals seit der Fassung in den 1970er Jahren versiegte die Quelle komplett. Ein Vorgang, der bis zu diesem Zeitpunkt unvorstellbar war! Aufgrund dessen wurden die Dörfer Wiler, Endorf, Sigriswil, Gunten und Merligen während langer Zeit ausschliesslich mit Stutzwasser versorgt.
Aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre muss davon ausgegangen werden, dass vermehrt Trockenperioden herrschen werden. Der Vorstand sah sich veranlasst, dass letzte fehlende Projekt zur Ausführung zu bringen, dass uns in Zukunft ermöglichen wird, jeden irgendwo in unserem Versorgungsgebiet gefassten Liter Wasser überallhin zu leiten bzw. zu pumpen. Konkret starteten im Jahr 2020 die Arbeiten für die Pumpenverbindung vom Reservoir Rötzbach ins Reservoir Stampf. Die Pumpverbindung ermöglicht es uns auch Stutzwasser vom Justistal oder Grundwasser von Gunten bis nach Schwanden ins Reservoir Stampf zu pumpen.
Nebst den eben gehörten Bauprojekten sind aus den letzten Jahren noch folgende Geschehnisse hervorzuheben: Im Jahr 2012 übernahm die WVG Sigriswil die bis anhin selbständige Wasserversorgung WVG Tschingel. Ebenfalls im Jahr 2012 beschlossen die beiden Wasserversorgungen Sigriswil und Merligen erstmals gemeinsam einen Betriebsleiter anzustellen. Dadurch intensivierte sich die Zusammenarbeit der Wasserversorgungen. Nach der Inbetriebnahme der gemeinsamen UF-Anlage in Oberhausen und dem faktischen, technischen Zusammenschluss rückten die beiden Wasserversorgungen noch einmal näher zueinander.
Nach vielen Gesprächen untereinander, aber auch unter Einbezug der Einwohnergemeinde Sigriswil und dem Amt für Wasser und Abfall des Kanton Bern, entschieden die beiden Vorstände eine Fusion der beiden Wasserversorgungen Sigriswil und Merligen genauer zu prüfen. An den beiden Generalversammlungen vom März 2019 war es dann soweit. Beide Genossenschaften stimmten der Fusion zu. Seitdem nennt sich die Wasserversorgung: Wasserversorgung Gemeinde Sigriswil.
Bereits in den 1960er Jahren wurde erstmals über einen technischen Zusammenschluss diskutiert. 1981 fanden dann erstmals offizielle Fusionsgespräche statt, die jedoch ergebnislos blieben. Nun hat es 38 Jahre später mit dem Zusammenschluss doch noch geklappt. Heute darf die Aussage gemacht werden, dass das Zusammenführen der beiden Genossenschaften bestens funktioniert hat.
Der Blick in die Zukunft
Egal ob Klimawandel oder nicht. Was wir schon seit längerer Zeit beobachten ist der Umstand, dass nebst der im Jahr 2003 und 2018 ausserordentlichen Trockenheit, allgemein die Quellschüttungen zurückgehen. Zudem steigt stetig auch die Wassertemperatur direkt an der Quelle. Da zugleich die Bodentemperatur im Bereich der Wasserleitungen also in ca. 1.5m Tiefe zunimmt, verschärft sich das Temperaturproblem bis zum Verbraucher. Vor ein paar Jahren lautete die Devise: die Leitung muss anderhalb Meter in den Boden, damit das Wasser im Winter nicht gefriert. Heute verlegen wir sie vor allem tief im Boden, damit das Wasser nicht zu warm wird.
Seit Längerem laufen Abklärungen für die Übernahme der WV Bärenegg. Zurzeit befinden sich die Abklärungen auf der Zielgeraden und schon im Frühjahr 2021 werden die beiden Genossenschaften entscheiden, ob es zur Übernahme kommt.
Noch länger dauern werden die Gespräche, ob allenfalls die Wasserversorgung ins Reust / Horrenbach erweitert werden soll. Hierzu sind zurzeit noch viele offene Fragen zu klären. Im Zusammenhang mit diesem möglichen Projekt steht sogar ein möglicher Wasseraustausch mit der Wasserversorgung Eriz zur Diskussion. Gespannt verfolgen wir die Gespräche weiter.
Die WV Gemeinde Sigriswil musste in ihrer Geschichte schon viele Herausforderungen meistern und sich neuen Gegebenheiten anpassen. Auch in den nächsten Jahren sehen wir diversen Herausforderungen entgegen. Sicher hervorzuheben ist, ob und wie es mit dem Grundwasserpumpwerk in Gunten nach dem Jahr 2029 weitergeht. Finden wir keine Lösung, sind wir mittelfristig wiederum angewiesen einen weiteren Wasserbezugsort zu erschliessen. Naheliegend wäre wahrscheinlich eine Verbindung mit der Wasserversorgung Oberhofen.
Die Sicherstellung von Trink‑, Brauch- und Löschwasser kennt keine Betriebsferien und dergleichen. Wir von der WV Gemeinde Sigriswil geben täglich unser Bestes um für die Zukunft gewappnet zu sein.
«Wasser ist unser Bier»